Vortrag auf der Konferenz "Goofy History. Über unbeholfene Geschichte" des Graduiertenkollegs "Mediale Historiographien", Bauhaus-Universität Weimar, gehalten am 13.10.07

Abstract

Die Abkürzung CSI steht für Crime Scene Investigation. So lautet der Name der derzeit erfolgreichsten Fernsehserie der Welt, die seit September 2000 im US-amerikanischen Fernsehen ausgestrahlt wird. Deren Protagonisten, die MitarbeiterInnen eines gerichtsmedizinischen Labors, ermitteln die Wahrheit von Kriminalfällen durch das Sammeln mikrologischer Spuren am Tatort und durch das Aufschneiden, Scannen und Durchleuchten von Körpern. CSI ist aber auch der Name einer staatlichen US-amerikanischen Institution, die 2002 im Zuge der verschärften Bemühungen um Homeland Security nach den Anschlägen vom 11. September 2001 einberufen wurde. ”Imagine if a weapon of mass destruction …sitting in a container within the sea cargo environment … were detonated.” Mit diesem Szenario untermalt die Container Security Initiative in ihrem öffentlichen (Web)Auftritt die Notwendigkeit präventiver investigativer Handlungen. Durch Öffnen, Scannen und Durchleuchten von Schiffscontainern soll ein terroristischer Anschlag auf einen amerikanischen Hafen verhindert werden.

Die Fernsehserie CSI, die ursprünglich in Las Vegas spielt, hat nach 9/11 zwei Ableger hervorgebracht: CSI New York und CSI Miami. Beides sind wichtige Hafenstädte, die Häfen haben sich in den letzten Jahren zu häufigen Kriminalschauplätzen von TV-Serien entwickelt: Körper werden zwischen Container zerquetscht, Tote in Geheimfächern verborgen, wilde Verfolgungsjagden zwischen Containerreihen veranstaltet. Leichen, Bomben und Schläfer im Container: Aus der Black Box der Globalisierung ist eine Kiste der Pandora geworden. Die hoffnungsfrohe Erwartung konsumkapitalistischer Bedürfnisbefriedigung durch containerisierte Waren ist umgeschlagen in eine Angst vor tödlicher Bedrohung durch Feinde der westlichen Gesellschaft. Der Container ist Bestandteil eines neuen Weltregimes spekulativer Signifikation: Mit dem Einsturz der zwei Türme von New York und deren Codierung als “Geschichtszeichen” wurde die (westliche) Welt von einer Identitätskrise geheilt, in die sie durch den Fall der Berliner Mauer und die Öffnung des “Eisernen Vorhangs” geraten war. An die Stelle der durch die Atombombe stabilisierten einen großen Geschichte vom Antagonismus der Blöcke und Weltanschauungen, trat die Erzählung von der permanenten und allgegenwärtigen Bedrohung durch den Terrorismus. Aus der Bombe wurden die Bomben. Aus dem einen planetarischen Ereignis, das niemals eintreffen durfte, wurde eine Kette zahlloser, lokaler Ereignisse, die periodisch auftreten müssen, um die Konsistenz der Erzählung zu gewährleisten. Aus dem Tabu wurde der Wiederholungszwang.